Montenegro 2018
1. Anreise - Petrovac - Berge und Schluchten im Norden
2. Orte an der nördlichen Küste
Schon seit dem Frühling konnte ich mich an der Vorfreude festhalten, nun war es endlich September geworden und die Reise nach Montenegro wurde Wirklichkeit. Bis zum Flughafen bei der Hauptstadt Podgorica ist es von Wien nur ein kurzer Flug, doch man merkt man die Lage des Landes am südlichen Balkan, der mediterrane Sommer mit entsprechender Temperatur begrüßt uns.
Schon die eigentlich kurze Fahrt vom Flughafen an die Küste liefert einen ersten Eindruck von der Topologie des Landes. Gleich hinter der ungefähr 250 Kilometer langen Küstenlinie geht es steil bergan, das entlang des Ufers sich dahinziehende Gebirge erreicht Gipfelhöhen von über 1000 Metern, die Pässe liegen immer noch 700 Meter hoch. Das führt dazu, dass die Küste von Montenegro zu den niederschlagsreichsten des Mittelmeeres gehört. Wir schlängeln uns also den Berg hoch um dahinter in die Kleinstadt Petrovac na moru zu gelangen, die für (fast) die ganze Urlaubswoche als Ausgangsbasis dienen soll, von hier aus sind die Besuchsziele in dem nicht allzu großen Land zu erreichen. Jedenfalls freue ich mich wieder einmal Meeresluft zu schnuppern, das gehört gefeiert, bevor ich mich daran mache, den Ort zu erkunden.
Petrovac zieht sich über einer Bucht den Hang hinauf, teilweise mit beträchtlichem Gefälle, wie am Weg hoch zum Hotel festzustellen ist. Am schmalen Strand drängen sich auch ausserhalb der Nachsaison die Badegäste, die dahinter liegende Uferpromenade macht aber einen recht netten Eindruck und lässt jedenfalls nicht die Sorge aufkommen, die Versorgung mit Speis' und Trank sei in der nächsten Woche gefährdet. Sieht man aufs Meer hinaus, so ziehen die beiden kleinen Insel Katič und Sveta Neđelja mit seiner kleinen Kirche den Blick auf sich.
Nun soll also das Land erkundet werden. Crna Gora heißt es auf Montenegrinisch und bedeutet das gleiche, wie die uns geläufige dem Venezianischen entliehene Bezeichnung Montenegro - das Land der schwarzen Berge. Ich hatte vorher davon gelesen, es sei gebiergig, eindrucksvoll vor Augen geführt wird das bei der Fahrt in den Norden. Podgorica liegt in einer Ebene am Fluß Morača. Folgt man diesem, so wird es rasch felsig, in eine tiefe Schlucht hat sich der Fluß eingegraben, abenteuerlich sind die Straße und die Eisenbahnstrecke angelegt, die dem Tal folgen. Nur 450 Straßenkilometer sind es von Podgorica bis in die serbische Hauptstadt Belgrad, doch benötigt man dafür mindestens 8 Stunden Fahrzeit, angesichts der engen kurvigen Straße in der Schlucht auch sehr verständlich. Rascher soll es gehen, wenn einen Autobahnverbindung fertig gestellt sein wird, am ersten brückenreiche Abschnitt wird (von chinesischen Baufirmen mit chinesischen Bauarbeitern) bereits gebaut.
Kurz vor der Kleinstadt Kolašin ist ein Stop fällig. Diesmal ist es nicht ein Blick in die Schlucht, sondern ein serbisch-orthodoxes Kloster, das zu besichtigen ist. Das Kloster Morača wurde im 13. Jahrhunder von serbischen Herrschern der Nemanjić-Dynastie gegründet, litt allerdings sehr in der Zeit der osmanischen Besatzung. Über 50 Jahre war die Anlage im 16. Jahrhundert verlassen und teilweise zerstört, ehe wieder klösterliches Leben Einzug hielt. Neben dem Block mit den Mönchszellen und einem Gästegebäude gibt es zwei Kirchen in dem von einer Mauer umgebenen Areal. Die Hauptkirche ist der Entschlafung Mariens (Maria Himmelfahrt) geweiht. Einige Fresken, die das Leben des Propheten Elias darstellen, stammen noch aus der Errichtungszeit, die meisten Fresken ebenso wie die Ikonostase sind aus dem 17. Jahrhundert.
Aus dem 17. stammt auch die Kapelle des Hl. Nikolaus, der auch in den Szenen auf der Fassade dargestellt ist. Die Kapelle nutzt die Grundmauern des zuvor zerstörten Hauptturms der Klosteranlage.
Leider - und das wird uns in Montenegro häufig begegnen - ist in den othodoxen Kirchen und Klöstern neben dem Fotografieren nun auch das Rauchen verboten, es gibt also bedauerlicherweise nur wenige Bilder der stimmungsvollen Innenräume.
Wir verlassen das Tal der Morača und wechseln in ein weiteres Tal, die Tara (Drina) ist der längste Fluss Montenegros und hat sich spektakulär eingegraben. Die Schlucht der Tara gehört zu den tiefsten Europas. Hier beginnt auch der als Weltnaturerbe ausgezeichnete Durmitor Nationalpark. Die Gipfel des Durmitor-Massivs ragen bis über 2500 Meter auf.
Von 1937 bis 1940 wurde die Brücke über die Tara als Stahlbetonkonstruktion errichtet. In bis zu 150 Meter führt die Fahrbahn in ihrem Hauptbogen über den Fluss, eine spektakuläre Meisterleistung in der Errichtungszeit. 650 m³ Holz wurden für die Schalungen benötigt, der renommierte Schweizer Gerüstebauer Richard Coray wurde zu Rate gezogen. Im Kriegsgeschehen wurde 1942 eine Bogen der Brücke gesprengt, nach Kriegsende aber rasch wieder aufgebaut.
Es ist schon später Nachmittag, als wir in der Kleinstadt Žabljak ankommen. Der Ort liegt auf fast 1500 Metern Seehöhe. Wenn im Winter hier kalte Festlandluft und feuchte Meeresluft aufeinander treffen, so ergibt das unvermutete Schneemengen, der Ort ist daher auch bei Wintersportlern sehr beliebt. Charakteristisch sind die steilen tiefgezogenen Dächer der Häuser zum Schutz vor den Schneemassen. Den Winter wollen wir im Bergland nicht abwarten, aber zumindest eine Nacht verbringen wir in der Stadt. Abends wird es richtig kühl und regnerisch. Obwohl nur eine Tagesetappe von den sommerlichen Meeresstränden entfernt, gibt es hier oben in den Bergen ein gänzlich anderes Klima.
Vor dem Abend in Žabljak machen wir noch einen Abstecher zum nahen Crno jezero, der Schwarze See ist eines der Touristenziele im Durmitor-Nationalpark. Viele kleine Bäche speisen den Gletschersee, zur Zeit der Schneeschmelze steigt der Wasserspeigel an und die beiden Seen verbinden sich.
Mit Žabljak haben wir unser nördlichstes Reiseziel erreicht, auf einer anderen Strecke geht es wieder zurück in Montenegros Süden. Bei der morgendlichen Weiterfahrt hängen noch die Dunstschleier als Folge der nächtlichen Regengüsse in den Bergen, eine Stimmung, die gut zu dem gebirgigen Gelände passt.
Auf ein Wunder hoffen viele der Besucher unseres nächsten Zieles, dabei muss man ja schon froh sein, wenn man wenigstens heil wieder davon herunterkommt. Hoch oben auf einem steilen Berghang befindet sich das Kloster Ostrog. Man sollte sein Fahrzeug schon gut kennen, wenn man die enge und kurvige Straße zum Kloster befährt, Hochachtung also vor dem Buslenker, der die Strecke nervenstark bezwingt.
Gegründet wurde das Kloster im 17. Jahrhundert vom Hl. Vasilije, der aus einfachen Verhältnissen stammende Bischof verbrachte seine letzten Lebensjahre in der kargen Abgeschiedenheit am Berg. Nach seinem Ableben wurde das Kloster ausgebaut, um die zu seinen als Reliquien verehrten Gebeinen strömenden Pilger versorgen zu können. Man muss schon einige Zeit in der Schlange anstehen, um die beiden in den Felsen gehauenen Räume besichtigen zu können, die der Heilige bewohnte und wo die Reliquien verehrt werden. Schmuck wurde die weiße weithin sichtbare Klosterkirche daneben in die Felswand gebaut.
Auf der Rückfahrt liegt Podgorica am Weg, seit der Unahängigkeit Montenegros 2006 ist die größte Stadt des Landes nun auch Hauptstadt, was sie in der Geschichte zuvor nie gewesen war. Nur wenige Ruinen sind aus der serbischen und osmanischen Periode der Stadt erhalten. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie großflächig bombardiert, so dass viele der Gebäude aus der Zeit des kommunistischen Jugoslawiens, damals war die Stadt nach dem Staatsführer Titograd benannt, stammen, viel an Modernem ist in den letzten Jahren hinzugekommen. So auch die Millennium-Brücke über die Morača, nun das Wahrzeichen der Hauptstadt. Man kann Podgorica nicht als häßlich bezeichnen, ein Kaffee läst sich wunderbar in einem der Cafes trinken, aber echte Highlights fehlen doch.
Bevor der Ausflug in den Norden seinen Abschluss findet und wir nach Petrovac zurückkehren, steht noch abendliches Fischessen am Skutarisee am Progamm, den See sehen wir in den nächsten Tagen noch eingehender.
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