Der ehemalige Friedhof St. Marx ist für mich einer der stimmungsvollsten Orte in Wien überhaupt. Ein städtischer Park, dank Hunde-, Radfahrverbot und fehlendem Kinderspielplatz eine Oase der Ruhe, halbwilde Natur wuchert über die Zeugnissen der Vergänglichkeit.

Die Geschichte des Friedhofs von St. Marx (abgeleitet vom Hl. Markus, keine ideologische Hochburg ) begann unter Kaiser Joseph II., der 1784 die bis dahin bestehenden innerstädtischen Friedhöfe aus hygienischen Gründen schließen und dafür mehrere Friedhöfe weit vor den Stadtmauern anlegen ließ. Diese hatten bis zur Eröffnung des Zentralfriedhofs 1874 Bestand. Danach verfielen sie und wurden von der Natur erobert. Erst 1937 wurden Bebauungsprojekte verworfen und das Gelände des St. Marxer Friedhofs als Parkanlage eröffnet. Werden Parks üblicherweise gärtnerisch gestaltet, so musste hier gegensätzlich vorgegangen werden, wuchernde Sträucher mussten entfernt und wieder Freiflächen geschaffen werden. Im Unterholz stehen nach wie vor die biedermeierzeitlichen Grabsteine, mehrheitlich aus weichem Sandstein in unterschiedlichen Stadien der Errosion, erst seit wenigen Jahren werden sie vom Denkmalschutz saniert.

Wohl kaum ein Ort in wien ist im Frühling so von Blütenduft erfüllt wie dieser, wenn eine Vielzahl an Fliedersträuchern sich von der Frühlingssonne zur Blüte erwecken lassen, der Park ist besonders um diese Jahreszeit ein himmlischer Garten

Fliederblüte

Blütenpracht

Aus anderem Grund als die Natur ist der ehemalige Friedhof auch Anziehungspunkt für Touristen. Im Winter 1791 wurde hier W.A. Mozart bestattet, so wie damals gerade vorgeschrieben in einem Massengrab, dessen genaue Position unbekannt ist. Das 99 Jahre nach seinem Ableben erreichtet Denkmal wurde später in den Ehrenhain des Zentralfriedhofs überführt. Was die Touristen zu sehen bekommen, ist eine aus Versatzstücken anderer Gräber zusammengefügte Gedenkstätte, über Mozarts Resten blüht wahrscheinlicher ein Fliederstrauch. Durchaus witzig zu beobachten ist das Verhalten der Wienbesucher, die das Grab als Besichtigungspunkt ins Programm aufgenommen haben. Eine Minute reicht vollkommen, um sich stramm neben die Gedenkstätte aufzustellen, den Auslöser für ein Erinnerungsbild zu drücken, und danach weiterzueilen. In Ruhe unabhängig vom Ort dem Werk des unsterblichen Genius zu lauschen rührt mit Sicherheit tiefgründiger.

Mozart-Grab

Biedermeier Dekorationen

Ich mag den Park als Ort der Ruhe. Zum Nachdenken regt das Betrachten der Symbole des Grabschmucks und das Lesen der Inschriften an. Tausende Menschen wurden nach dem Ende ihres irdischen Weges hier in die Erde gebettet, die Inschriften geben Kurzfassungen ihrer Schicksale wieder, vermerkt wurde, worin ihr besonderer Wert bestanden zu haben schien. Selbst im unentrinnbaren Schicksal des Todes verzichtete man nicht auf die Auszeichnungen der Aristokratie und des Bürgerstandes, stellten sich Besitzende über Mittellose, zählte fleißige Arbeitserfüllung oft mehr als Glücksbereitung im nahen Umfeld. Und heute - was zeichnet dein Dasein aus, wie wertvoll ist meine kurze Anwesenheit auf dieser Erde?

Lebenswege …
und Schicksale